Bericht aus Bagrot von Monika Schneid (2007)

15 Jahre Monika Girls High School im Bagrot Tal

221 Schülerinnen besuchen heute die Monika Girls High School. Vor 15 Jahren waren es gerade einmal 22. Die Mädchenschule liegt im Hochgebirge Nordpakistans, im Bagrot Tal. Sie hat 10 Klassen, die älteren Schülerinnen kommen aus allen Dörfern des 25 km langen Tals. Für die Möglichkeit des Schulbesuchs nehmen sie Sommer wie Winter beschwerliche Fußwege auf teils unwegsamem Gelände in Kauf. Eltern und Schülerinnen loben die Qualität des Unterrichts und die Lehrkräfte das freundliche und ungestörte Arbeitsklima. 95 Grundschülerinnen werden vormittags unterrichtet. 8 privat finanzierte Lehrer unterrichten am Nachmittag 126 Hauptschülerinnen der 6. - 10. Klasse in den Fächern Urdu, Englisch, Mathematik, Hauswirtschaft, Naturkunde, Biologie, Physik, Chemie, Religion, Pakistankunde und Arabisch.

Die Kosten für 8 Hauptschullehrer betragen monatlich € 310,-

Die beiden kleinen Schulgebäude platzen aus allen Nähten. 3 zusätzliche Klassenräume und ein Toilettentrakt stehen kurz vor der Fertigstellung. Diese Baumaßnahme wird aus staatlichen Mitteln finanziert.

Das College

44 Absolventinnen der 10. Klasse besuchen nachmittags regelmäßig den weiterführenden Unterricht der 11. und 12. Klasse. Das kleine private College für Mädchen existiert erst seit 2 Jahren. 5 Lehrer unterrichten Urdu, Englisch, Mathematik, Gemeinschaftskunde, Religion, Pakistankunde, Soziologie und Pädagogik.

Die Kosten für 5 Collegelehrer betragen monatlich € 200,-

95 Mädchen haben in den vergangenen 15 Jahren die Hauptschule erfolgreich abgeschlossen. 63 Absolventinnen haben an weiterführenden Schulen außerhalb des Tals den Collegeabschluß F.A. (12. Klasse) gemacht, und 5 junge Frauen haben bereits ihren B.A. (14. Klasse). Inzwischen sind 40 ehemalige Schülerinnen als Lehrerinnen, Krankenschwestern und mobile Gesundheitsberaterinnen berufstätig, meist im Bagrot Tal. Die ehemaligen und neuen Schülerinnen sind heute sehr selbstbewusst - zuhause und in der Schule, vor 15 Jahren undenkbar.

Auf neuen Wegen

In diesem Jahr wurden erstmals vier Stipendien zum Besuch der BASE Public School ausgeschrieben. Diese noch junge Privatschule hat als einzige Schule im Tal gemischte Klassen und verwendet in der Mehrzahl der Fächer englischsprachige Unterrichtsmaterialien. Träger ist eine einheimische Gemeinschaftsinitiative. Für sehr gute Schüler öffentlicher Schulen ist es heute üblich, in die Privatschule zu wechseln, für Mädchen noch die große Ausnahme, denn es kostet Geld. Die besten Absolventinnen der 4. und 5. Klasse der Mädchenschule erhalten die Stipendien mit Beginn des neuen Schuljahres seit Mitte August.

Die Schulgebühren betragen pro Schülerin im Jahr € 40,-.

Meilensteine 1992 bis 2007

Unsere private Mädchenschule hatte keinen leichten Start. Zuerst standen viele Eltern der Idee, ihre Töchter eine Schule besuchen zu lassen, zögernd gegenüber. Und die aufgeschlossenen Eltern akzeptierten nur weibliche Lehrkräfte für die Mädchen. Sie mussten aus Nachbarregionen angeworben werden. Mangels Mädchenschulen im Bagrot Tal war keine einheimische Frau entsprechend ausgebildet.

Heute fragen die Eltern in erster Linie nach der Qualifikation der Lehrkräfte. Junge Männer aus Bagrot mit guter Universitätsausbildung unterrichten bereits seit einigen Jahren die höheren Klassen und werden als Lehrer für die Töchter hoch geschätzt. Die Schule gehört heute zum Alltag. Auch die Alten machen sich für die moderne Sache stark. Mehrere ältere Schülerinnen sind bereits verheiratet und junge Mütter, und die Großeltern hüten während der Schulzeit die Enkelkinder. Die eifrigen Schülerinnen erfüllen ihre vielfältigen Pflichten im Haushalt und in der Landwirtschaft, und nach Abschluß der Ausbildung engagieren sie sich für die Gemeinschaft. Einige tragen mit ihrer Erwerbstätigkeit maßgeblich zum Haushaltseinkommen der Großfamilie bei.

Seit einigen Jahren gibt es in allen Dörfern öffentliche Grundschulen für Mädchen. Diese erfreuliche Entwicklung geht auf unser Projekt zurück, das in der Bevölkerung die Forderung nach Mädchenschulen gegenüber den Lokalpolitikern über die Jahre immer lauter werden ließ. Mit dem Versprechen der Einrichtung einer Schule ließ sich in den vergangenen Jahren manche Kommunalwahl gewinnen.

Das Fest

Am 17. Juni haben wir ein großes Fest zum 15-jährigen Bestehen der Mädchenschule gefeiert. Nahezu 400 Gäste kamen aus allen Dörfern des Tals in der Schule zusammen, darunter viele Mütter und Großmütter. Das Programm mit Liedern, Reden und eigenen Gedichten wurde von vielen mutigen Schülerinnen mit großem Engagement mitgestaltet. Bereits bei den tagelangen Proben hatten sie viel Spaß. Der Höhepunkt war ein Sketch über eine „deutsche Dame“, die 1990 nach Bagrot kam und die Alten 2 Jahre lang unablässig aufforderte, die Töchter in die Schule zu schicken. Das Publikum lachte Tränen, und die Laiendarstellerinnen genossen sichtlich ihren großen Auftritt. Mit einer Überraschungstorte wurde ich schließlich noch an meinen 50. Geburtstag erinnert. Für die Schülerinnen und die zahlreichen weiblichen Gäste war das Fest eine seltene Abwechslung im arbeitsreichen Alltag.

Die Bedeutung von Schulbildung für Mädchen und die unbekannten Spender/innen in Deutschland, ohne deren Hilfe es die große Schule und das kleine College heute nicht gäbe, sind Mittelpunkt vieler Gespräche von Alt und Jung im Bagrot Tal.

Mein Dank gilt allen Freund/innen in- und außerhalb Bagrots, die die Schule mit einem hohen persönlichen Einsatz unterstützt und über die Jahre hinweg mitgetragen haben.

Auch die Schülerinnen, Eltern und Lehrkräfte der Monika Girls High School und des Girls College baten mich, allen Spenderinnen und Spendern und den Frauen des Forum Kinder in Not e.V. für die langjährige und großzügige Unterstützung zu danken. Die Spenden­gelder werden eins zu eins für die Personalkosten der 13 privaten Lehrkräfte und dringend notwendige Schulmaterialien verwendet.

Herzlichst grüßt Sie und Euch aus Hamburg

Monika Schneid

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